„Das Leben zum Guten wenden“

„Das Leben zum Guten wenden“

Umfangreiche Internetveröffentlichung über Irmgard Rode (1911-1989): Nach Kriegsende

„Frau der ersten Stunde“ in Meschede und Pionierin der Völkerversöhnung

 

Mit einer kostenlosen Internet-Publikation erinnert das Christine Koch-Archiv am Museum Eslohe auf fast 150 Seiten an eine außergewöhnliche Sauerländerin: Irmgard Rode (1911-1989) war in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts vielleicht die bekannteste Frau von Meschede. Schon 1945-1948 gehörte sie der Kommunalvertretung von Meschede an. Als über den Bahnhof Meschede 1946 viele tausend Flüchtlinge aus dem Osten ins Hochsauerland kamen, fühlte sich die Mutter von drei kleinen Kindern gedrängt, zu helfen. Sie besorgte Ausstattungen für die denkbar primitiven Barracken-Lager auf den Ruhrwiesen und organisierte zusammen mit den Flüchtlingen schlesische Kulturabende. Sehr bald initiierte sie am Ort auch einen Kindergarten in Selbsthilfe-Trägerschaft von Eltern.
Im Frühjahr 1949 fuhr eine Delegation von Kommunalpolitiker aus NRW in die englische Stadt Coventry, um dort Erfahrungen mit einer intensiven Selbstverwaltung zu machen. Irmgard Rode war die einzige Frau in dieser Delegation. In der Folgezeit wurde sie eine Pionierin der internationalen Versöhnungsarbeit und des Jugendaustausches. Zusammen mit Konrad Hengsbach begründete sie in Meschede die „Freunde der Völkerbegegnung“. Als Meschede durch Arbeitnehmer aus anderen Ländern zunehmend internationaler wurde, rief Irmgard Rode ein Netz der Nachhilfe für die Kinder der sogenannten „Gastarbeiter“ ins Leben. Ohne die Genehmigung von Behörden abzuwarten, gründet sie schließlich ein Internationales Kinderhaus. Die Jugendamts-Aufsicht kommt zur Überprüfung – und spricht große Anerkennung aus.
Die praktische Hilfe für Menschen und Kinder mit beeinträchtigten Bildungschancen reichte weit in das familiäre Leben hinein. Aus einer Veröffentlichung des Jahres 1975 geht hervor, dass das Ehepaar Irmgard und Alfons Rode „in einem Zeitraum von mehr als 30 Jahren neben eigenen Kindern mehr als 40 sozialbenachteiligte, schwierige Kinder und Jugendliche über Monate oder Jahre aus eigener Initiative bei sich aufgenommen hat“.
Irmgard Rode, die wie ihr Mann aus einer pazifistischen, streng katholischen Familie stammte, setzte sich nach 1945 auch beharrlich für eine offene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit aus. Jahrzehntelang hat sie für die Wiederaufrichtung des „Mescheder Sühnekreuzes“ zur Erinnerung an die Ermordung von 80 überwiegend sowjetischen Zwangsarbeitern gestritten. In den 1980er Jahren war ihr in dieser Sache endlich Erfolg beschieden. Als Vertreterin der katholischen Friedensbewegung pax christi beteiligte sich Irmgard Rode im hohen Alter an den Protesten gegen die atomare Aufrüstung.
Eine Schülerin wollte im Interview erfahren, ob es ihr im Leben um Politik gegangen sei. Die Antwort lautete: „Ja, ja, ich fühlte mich immer getrieben, politisch aktiv zu sein, nicht parteipolitisch, sondern in dem Sinne, das heißt, Politik ist eine Verpflichtung, das Leben zum Guten zu wenden und in diesem Sinne etwas zu tun.“ Nur wenige Leute wussten, dass Irmgard Rode eingeschriebene Sozialdemokratin war. Denn die katholische Pazifistin arbeitete mit Menschen aus allen demokratischen Lagern zusammen, die sich um mehr Menschlichkeit bemühten.
 
Das neue Buch über Irmgard Rode ist kostenlos im Internet abrufbar:
Peter Bürger (Bearb.): „Das Leben zum Guten wenden“ – Über die Meschederin Irmgard Rode (1911-1989), zugleich ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Friedensbewegung im Sauerland. = daunlots. internetbeiträge des christine-koch-mundartarchivs am museum eslohe. nr. 75. Eslohe 2015.
http://www.sauerlandmundart.de/pdfs/daunlots%2075.pdf